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Kleider sind wichtig!

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Ich wollte ja nichts als das zu leben versuchen, was von selber aus mir heraus wollte. Warum nur war das so schwer?
…Das Leben eines jeden Menschen ist ein Weg zu sich selber hin, der Versuch eines Weges, die Andeutung eines Pfades. Kein Mensch ist jemals ganz und gar er selbst gewesen, jeder strebt dennoch, es zu werden, einer dumpf, einer lichter, jeder wie er kann.

Herrmann Hesse, Demian

Minirock und Highheels

Der hyperweiblich aufgedonnerte Transvestit ist ein Klischee. Wer jemals auf einer Trannieparty war, der weiß auch, dass es nicht unbedingt falsch ist. Die Tatsache, dass wir zu sehr expliziter Darstellung von Weiblichkeit neigen, kann ich nicht ernsthaft bestreiten. Die Neigung zu übertriebener Weiblichkeit ist geradezu ein Definitionsmerkmal von Transvestiten. Was ist „typisch Transvestit“? Na? Genau: Langhaarmähnen-Perücken, Highheels, Nylonstrümpfen, Schmuckbehänge, Korsetts, D-Cup- Silikonbusen und krallenhafte Fingernägel. Upps, jetzt hätte ich doch fast den Minirock – am liebsten aus Lack oder Leder – vergessen!

Es ist mir selbst schon ein wenig peinlich, wie sehr ich auf weibliche Klamotten abfahre. Wie wichtig ich sie nehme, obwohl es doch bloß „Dinge“ sind. Ich darf gar nicht darüber nachdenken, geschweige denn erzählen, wie oft meine Gedanken um weibliche Kleidung kreisen. Wie oft ich an Röcke, Kleider, Strumpfhosen und Pumps denke. Eigentlich ist das jedes Mal der Fall, wenn ich eine Frau sehe, die etwas trägt, das mir gefällt.

Es ist nicht leicht zu verstehen, warum Trannies Klamotten so wichtig finden und warum sie zudem auch noch so sexy sein müssen. Umgekehrt können viele Transgender nicht verstehen, warum vielen Frauen ihre Kleidung so wenig wichtig ist und sie lieber Hosen tragen, als Röcke und Kleider.
Üblicherweise wird diese Neigung wahlweise als Fetischorientierung oder als Ausleben einer klischeehaften Männerfantasie von weiblicher Attraktivität gesehen. Damit verbunden ist die Interpretation, dass so oder so die (männliche) Sexualität die zentrale Triebkraft hinter dem Verhalten ist.

Diese Erklärungsansätze haben eine gewisse Berechtigung und sie sind nicht so daneben, dass ich ihre Richtigkeit glatt bestreiten könnte. Wahrscheinlich sind sie ein Teil der Wahrheit. Aber eben nur ein Teil und meiner Meinung nach der kleinere. Es gibt noch eine andere Erklärung, die allerdings weit weniger verbreitet ist.

Diese Erklärung beruht auf der These, dass Menschen auf die Wahrnehmung durch andere Menschen angewiesen sind und setzt an der Frage an, welche Möglichkeiten Menschen  mit einem Männerkörper denn überhaupt haben, ihre abweichende Identität zu kommunizieren.

George Berkeley: Leben heißt wahrgenommen werden!

Der Satz bringt auf den Punkt, warum Kleidung für mich so wichtig ist. Ich habe keine Ahnung, ob es wirklich so ist, dass die Bäume im Wald nicht existieren, wenn niemand da ist, der sie bemerkt. Ich weiß aber, dass ich die Wahrnehmung durch andere Menschen brauche, um mich „wirklich“ zu fühlen. Und „ich“ heißt in diesem Fall „Jula“.

Meine Identität glaubt George Berkeley! Nur was wahrgenommen wird, das existiert auch.

Das Beste wäre für mich wäre, es wäre mir egal, welchem Geschlecht mich andere zuordnen. Dann würde ich mich für mich selbst als weiblich betrachten und die anderen Menschen könnten mich mal gerne haben bzw. als Mann sehen. Dann wäre ich immer und ganz ich selbst, auch in männlicher Kleidung, und müsste weibliche Kleidung nicht mehr wichtig nehmen.

Bloß kann ich das nicht. Ich bin nicht so autonom, dass ich mir selbst genüge. Tendenziell bin ich eher ängstlich, unsicher und labil, als selbstsicher und gefasst. Ich brauche andere Menschen, die mir Halt geben und Bestätigung in meiner Unsicherheit. Praktisch allen anderen Menschen geht es so ähnlich: wir brauchen äußere Bestätigung für unser Inneres. Wir sind soziale Wesen. Unsere Identität ist nichts, was „einfach so“ existiert. Wir sind die, die wir sind, im Wesentlichen durch und in unseren Beziehungen zu unserer Umwelt ganz allgemein und insbesondere zu anderen Menschen. Wir brauchen die Welt um uns herum als Spiegel und Projektionsfläche für unser Inneres.

Wie dokumentiert sich Identität nach außen?

  • Über den Körper! Das ist der wichtigste Aspekt. Wir sehen einen Menschen und sein Körper vermittelt uns unmittelbar und scheinbar wahrhaftig, zentrale Informationen. Alter, Größe, Rasse und natürlich das Geschlecht sind Basisinformationen über andere Menschen, die wir über den Anblick und damit durch den Körper vermittelt bekommen. Das geschieht unmittelbar und meistens nicht einmal bewusst. Wir sehen einen Menschen und können ihn in den meisten Fällen auf Grund seiner körperlichen Erscheinung sofort zuordnen.
    Zu diesen fast unmittelbar getroffenen Zuordnungen gehört in unserer Welt auch das Geschlecht einer Person. Menschen sind entweder Männer oder Frauen und was davon eine Person ist, das erkennt man üblicherweise sofort. Die primären und vor allem die sekundären Geschlechtsmerkmale werden von den Wahrnehmenden genutzt, um die wichtige Frage des Geschlechts möglichst schnell und eindeutig zu klären. Verwechslungen sind peinlich, wenn nicht sogar beleidigend.
  • Kleidung und Styling sind weitere, diesmal kulturell bedingte Signale zur Geschlechtszugehörigkeit. Allerdings sind sie meist nur noch Verfeinerungen und Ergänzungen. Hier geht es regelmäßig nicht mehr um die Kategorien selbst, sondern um weitere Eigenschaften: Arm oder reich, gebildet oder nicht so sehr, eitel, geschmackvoll u.v.a.m. Nur in den (Ausnahme-)Fällen, in denen der Körper uns für die Kategorisierung nicht genügend Informationen geliefert hat, benötigen wir diese Informationen noch, um die Kategorien genauer abzusichern. In diesen Fällen funktionieren Bekleidung, Schmuck und ähnliches wie „tertiäre Geschlechtsmerkmale“.
  • Die dritte und letzte Möglichkeit, Identität nach außen zu vermitteln, sind Selbstbekundungen. Also Mitteilungen von mir, über mich. (s. hierzu auch Blöde Ziege! ) Dazu gehört an erster Stelle der Name. Er sagt etwas über meine Herkunft und natürlich mein Geschlecht. Allerdings ist er – was die Geschlechtszugehörigkeit betrifft – üblicherweise bloß noch das Sahnehäubchen. Ein körperlicher Mann, der sich äußerlich männlich präsentiert und dann sagt, dass er „Karin“ heißt, wird deshalb nicht als Frau gesehen, sondern gefragt, warum er als Mann einen Frauennamen hat.

Menschen, bei denen Identität und Körper reibungsfrei zusammenpassen, bekommen das Alles leichter hin als ich. üblicherweise gehen die drei Aspekte parallel und stützen sich gegenseitig. Wer einen männlichen Körper hat, der kleidet sich wie ein Mann und hat auch einen Männernamen. Und all das führt zu meist zutreffenden Hypothesen darüber, wie diese Person geschlechtlich eingeordnet werden will. Sie wird in der Geschlechtsrolle gesehen, in der sie gesehen werden will.

Aber bei mir ist das anders. Ich muss meine Identität ebenso ausdrücken um Bestätigung für sie zu finden, aber mein Körper verweigert sich dem.

Wenn der Körper über die Identität täuscht

Viele Transgender suchen an sich mehr oder weniger intensiv nach körperlichen Indizien ihrer inneren Weiblichkeit. Figur, Haarwuchs … was auch immer taugt wird herangezogen, um einen körperlichen Ankerpunkt für die gefühlte, weibliche Identität zu bieten. Leider sind die meisten Transgender aber „ganz normale“ Exemplare ihres körperlichen Geschlechtes. Bei kritischer Selbstbetrachtung müssen die meisten von uns zugeben, dass ihr Körper keinerlei Indizien auf eine abweichende Identität liefert.

So geht es auch mir. Mein Körper ist männlich – ohne Wenn und Aber. Leider.
Dadurch ist mir der wichtigste Aspekt der Kommunikation meiner Identität entzogen. Schlimmer noch, mein Körper setzt ein falsches Signal indem er den Anschein erweckt, als gäbe es auf die Frage nach meinem Geschlecht eine eindeutige und einfache Antwort: ein Mann!
Mein Körper macht es mir zudem schwer, meine Identität zu fühlen und nach außen auszudrücken. Er ist dafür verantwortlich, dass es für mich keine einfache Antwort auf die Frage nach meinem Geschlecht gibt. Er macht jeden Antwortversuch auch für mich selbst kompliziert, denn ich komme selbst nicht umhin, seine Realität anzuerkennen. Näheres dazu unter Körpergefühl.

Mehr noch: gerade wegen des männlichen Körpers habe ich es besonders nötig, als Frau Anerkennung zu finden. Durch meinen männlichen Alltag, dadurch dass ich dauernd als „Herr“ angeredet werde und weiß, dass mich wegen meines Körpers alle Menschen in bestimmter Weise sehen, erlebe ich eine dauernde Entfremdung von mir selbst. Meine gefühlte Identität findet keinen Widerhall im Leben und fühlt sich umgekehrt sogar von dieser Männlichkeit bedroht.

Ohne den Körper – in virtuellen Räumen z.B. – ist die Antwort einfacher. Da zählt nur, was ich verbal kommuniziere und mein Geschlecht wird dadurch definiert, wie ich mich nenne und genannt werde. Deshalb lieben so viele Transgender das Internet. Dort können sie sein, was sie fühlen und müssen nicht sein, was der Körper behauptet. Doch das Leben findet nicht nur im Internet statt. Im „realen Leben“ muss ich erheblichen Aufwand betreiben, um das Geschlecht sozial zu konstruieren, das ich für mich als angemessenen Ausdruck meines Selbst betrachte. Wo andere Menschen auf ihren körperlichen Gegebenheiten aufbauen, da muss ich Ihnen trotzen.

Kleidung und Styling sind kommunikative Botschaften!

Weil also mein Körper zu meinem großen Leidwesen in keiner Weise erkennen lässt, dass da noch etwas anderes ist, als ein Mann, muss ich andere Möglichkeiten finden, meine innere Weiblichkeit nach außen sichtbar werden zu lassen. Durch meinen männlichen Körper habe ich einen Abstand zur Weiblichkeit, den ich überwinden muss. Frauen, die einen Frauenkörper haben, brauchen sich nicht weiblich zu kleiden, um weiblich zu sein. Sie müssten sich schon männlich stylen, um es nicht zu sein. Frauen müssen nicht dauernd Röcke tragen, um sich ihrer Weiblichkeit sicher zu sein. Sie haben ihren Körper.

Für mich ist das weibliche Styling ein Weg, den ich gehen muss. Es ist ein Mittel, das ich brauche, um da hin zu kommen, wo ich hin will. Weibliches Styling und weibliche Kleidung (samt Schuhen, Schmuck, Taschen, Makeup usw. usf.) ist für mich praktisch die einzige Möglichkeit, meine Identität auszudrücken. Kleidung und Styling sind auch für andere Menschen Mittel der Kommunikation. Bloß meine Botschaft ist eine  intensivere. Denn ich muss eine viel größere Distanz überwinden, damit meine Erscheinung die Botschaft vermittelt, die sie vermitteln soll.

Mit dezidiert weiblichem Styling versuche ich keinen Zweifel aufkommen zu lassen, wie ich gesehen werden will. Das bringt die Gefahr der klischeehaften Überzeichnung mit sich. Weil mein Körper so männlich ist, kommt meine Botschaft trotz aller Mühe nicht so eindeutig und widerspruchsfrei bei anderen Menschen an, wie ich mir das wünsche.

Kleidung und Styling sind Botschaften an mich selbst

Die erste und wichtigste Botschaft ist: „Du kannst eine Frau sein!“ Unser inneres Gefühl, Frau zu sein, dass sich in unserem Körper nirgends wiederentdecken lässt, materialisiert sich über die Kleidung. Sie wird zur Projektionsfläche für unser Inneres.

Die Kleidung vermittelt uns ein sinnlich erfahrbares Zugehörigkeitsgefühl, das wir anders nicht bekommen können. Ich weiß noch, wie verblüfft ich war, als ich feststellte, dass es weibliche Kleidungsstücke gab, die mir trotz meines Körpers passten! Deshalb ist auch weibliche Kleidung, die als solche spürbar ist, für uns Transgender so wichtig. über sie wird erfahrbar und somit außerhalb unseres Körpers real, was sonst nicht gesehen und gefühlt werden kann. Ich muss meiner gefühlten Weiblichkeit einen Platz in der Wirklichkeit schaffen. Ich brauche eine Verankerung meiner Identität in der Realität, die stärker ist, als eine bloße Behauptung.

Deshalb brauche ich weibliche Kleidung, die ich als solche spüren und sehen kann. Damit ich für mich selbst existiere. Damit die Frau in mir nicht nur ein Hirngespinst ist, sondern die Realität bekommt, die ich fühle. Frauenkleidung und weibliches Styling geben mir die Möglichkeit mein Inneres meinem männlichen Körper zum Trotz zu fühlen. Für jene von uns, die sich überhaupt nicht als Frauen in die Öffentlichkeit wagen (dieser Gruppe habe ich selbst lange angehört!), ist diese Bedeutung sogar die einzig relevante.

Ich brauche Weiblichkeit im Leben. Kleidung ist direkter und spürbarer als alles andere, was mir zur Verfügung steht. Natürlich könnte ich auch eine Freundin anrufen und mir von ihr bestätigen lassen, dass sie mich als Frau sieht. Das tut gut, wirkt aber nur im Kopf.
Weibliche Kleidung dagegen, die ich als solche spüren kann, sendet einen für mich beruhigenden Dauerimpuls mit der Botschaft „weiblich, weiblich, weiblich, weiblich, weiblich, weiblich, weiblich, weiblich, …“.

Das erklärt auch, warum Kleidung für mich wichtiger ist als Makeup. Ja sogar, weshalb ich baumelnde Ohrringe mehr mag, als schlichte Stecker. Das fühle ich! Eine glatte Feinstrumpfhose an den Beinen vermittelt mir immer wieder diese Botschaft: „weiblich!“. Baumelnde Ohrgehänge machen sich bei Kopfbewegungen spürbar und flüstern dadurch „weiblich!“. Röcke, lange Fingernägel, Highheels, all die Dinge, die für eine sexualisierte Weiblichkeit stehen, haben eine Gemeinsamkeit: Sie fühlen sich besonders an! Alle genannten Gegenstände verändern das Körpergefühl und die Wahrnehmung des eigenen Körpers. Zunächst und vor allem haben sie deshalb eine Funktion als kommunikative Botschaften an uns selbst!

Meine liebe Freundin Hekate hatte dafür den Ausdruck „Amulette der Weiblichkeit“. Laut Wikipedia ist ein Amulett (lateinisch amuletum – „Kraftspender“) ein Gegenstand, dem magische Kräfte zugeschrieben werden, mit denen er Glück bringen und vor Schaden schützen soll. Weibliche Kleidungsstücke sind unsere Amulette und sie haben die magische Kraft, uns selbst unsere Identität fühlbar zu machen. Und sei es nur durch weibliche Unterwäsche, die uns für alle anderen (hoffentlich) unsichtbar durch unseren männlichen Alltag begleitet. Natürlich ist nicht wirklich spürbar, aus welchem Stoff ein Höschen ist, aber es hilft mir trotzdem, den Kontakt zu meiner Identität zu halten und mich mir im Alltag nicht selbst zu entfremden.

Ich glaube, dass das Bedürfnis nach fühlbarer Weiblichkeit durch Kleidung und Styling eine sehr starke Kraft bei uns Trannies hat. Wenn ich weiblich gestylt bin, kann ich die Diskrepanz zwischen meiner Identität und meinem Körper reduzieren bzw. die ihre negativen Folgen für mein Befinden eindämmen.

Die zweite Botschaft an mich selbst hat Servicefunktion. Sie lautet: „Du bist eine Frau, also verhalte dich auch so!“

Die Kleidung erinnert mich daran, dass ich nun andere Körperformen habe und auch andere Verhaltenserwartungen an mich gerichtet werden.

Hohe Absätze z.B. sorgen für einen anderen Gang und betonen den Hintern.
Ein Rock sorgt dafür, dass ich nicht auf den Gedanken komme, mich breitbeinig hinzusetzen, sondern meine Beine zusammenhalte.
Der BH lässt mich, auch wenn ich nicht hinsehe, spüren, dass ich Brüste habe.

Die notwendige Selbstkontrolle, die es braucht, wenn Frausein nicht die einzige Rolle in der Welt ist, wird durch die als solche spürbare, weibliche Kleidung unterstützt.

Kleidung und Styling sind eine Botschaft an andere

In letzter Konsequenz kann mich nur die Wahrnehmung durch andere Menschen zu einer realen Person machen. Ich brauche Bestätigung, die nicht nur aus mir selbst heraus kommt, sondern von anderen Menschen getragen ist. Nur über die kommunikative Botschaft des Stylings an andere Menschen, bekomme ich deren Bestätigung für meine Weiblichkeit.

Wenn mich andere Menschen als Frau wahrnehmen, dann gibt es mich als Frau. Deshalb hilft es mir nichts, daheim hinter geschlossenen Gardinen für mich alleine Frau zu sein oder nachts in menschenleeren Gegenden als Frau spazieren zu gehen. Ich brauche die Wahrnehmung durch Menschen. Eventuell gibt es Menschen, denen es genügt, wenn sie selber wissen, wer und was sie sind. Mir reicht das nicht. Ich brauche zusätzlich die Anerkennung anderer. Die Akzeptanz meiner Weiblichkeit durch andere Menschen ist für mich wichtig. Wie sonst sollte ich wissen, dass das nicht bloß eine Selbsttäuschung ist, sondern dass ich auch sozial als weibliches Wesen akzeptiert werde. Und die beste Möglichkeit, wie ich meine weibliche Identität sichtbar machen kann, ist Frauenkleidung und weibliches Styling.

Weibliche Kleidung tragen bedeutet ein Statement: Ich bin eine Frau und akzeptiere den gesellschaftlichen Konsens bezüglich der Regeln für Frauen in der Öffentlichkeit. Umgekehrt beanspruche ich aber auch, als Frau wahrgenommen und gemäß diesen Regeln behandelt zu werden.

Während dieser Bedeutungsgehalt für geborene Frauen eher deklaratorisch ist, ist er für uns Transgender konstitutiv. Über die weibliche Kleidung und das entsprechende Styling wird die soziale Rolle in unserem Fall nicht nur dokumentiert, sondern in ihrem Kern erst konstruiert. Denn woher sollten die Menschen, die uns begegnen, ohne sie wissen, welcher Rolle wir zugeordnet werden wollen bzw. welche Rolle wir für uns beanspruchen? Unser Körper sendet nämlich ein falsches und irreführendes Signal aus (s.a. Körpergefühl).

Wenn ich das Feedback anderer Menschen brauche, dass da eine Frau ist, muss ich Ihnen zunächst mal die Möglichkeit geben, diese Frau auch zu sehen. Ich muss sie nach außen sichtbar werden lassen, damit es sie für andere gibt. Deshalb ist es für mich so wichtig, in meinem weiblichen Styling eindeutig zu sein. Es muss eine klare Botschaft beinhalten, die besagt „Ich bin weiblich!“. Eine Botschaft die eindeutig und laut genug ist, um meinen Körper, der etwas anderes behauptet, zu übertönen. Folglich setze ich mit weiblicher Kleidung und entsprechendem Styling ein kommunikatives Statement, das nicht übersehen werden kann. Wer mich sieht, soll keinen Zweifel daran haben, in welcher sozialen Rolle ich gesehen werden will.

Natürlich können mir Menschen die gewünschte Reaktion verweigern und sich allein am Körper orientieren. Doch das passiert selten. Die weitgehende Selbstverständlichkeit und Reaktionslosigkeit der Umwelt verstärkt die Botschaft die ich hören will, weil sie für sie eine externe Referenz schafft. Deshalb bringt mich jede Person zum Jubeln, die mich als „Frau“ anredet oder als „sie“ von mir spricht, denn sie bestätigt bzw. erzeugt meine Existenz.

Das Gesamtsystem der Wirkung

In ein Bild gebracht, sieht die Wirkung etwa so aus:

  • In einem ersten Schritt muss ich die innere Realität meiner Identität nach außen sichtbar machen. Kleidung und Styling geben der Frau, die ich in mir fühle, eine äußere Realität.
  • 2. Dadurch wird meine Weiblichkeit für mich selbst sichtbar und spürbar.
  • 3. Hinzu kommt, dass sie dadurch auch für andere Menschen Realität wird.
  • 4. Die das wiederum (wenn es gut läuft) an mich zurückspiegeln.






Querbezüge:

© Jula 2012

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