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Religiöse Gefühle und Meinungsfreiheit

  • von
Religionen

Warnung: Dieser Artikel kann Spuren von Blasphemie enthalten. Er kann bei stark religiösen Personen zu Unwohlsein und Verärgerung führen.

Religiöse Menschen fordern einerseits staatlichen Schutz ihres Glaubens und wollen andererseits im Besitz von Wahrheiten sein, die sogar höher stehen als Menschenrechte. Das passt nicht zusammen.

In vielen Ländern der Welt gibt es Strafgesetze, die Gotteslästerung verbieten und mit teils drastischen Strafen bis hin zur Todesstrafe ahnden.

In Deutschland haben wir den § 166 StGB. Der stellt zwar nicht die Gotteslästerung aber die „Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen“ unter Strafe.
Ganz ohne staatliche Rechtfertigung werden Schriftsteller, Journalisten und Satiriker bedroht und getötet (Charlie Hebdo …), weil sie religiöse Gefühle verletzt haben.

Brauchen Götter staatlichen Schutz?

Eher nicht! Ich denke, es liegt in der Natur des Göttlichen, nicht auf den Schutz vor Menschen durch Menschen angewiesen zu sein. Der Gott der Juden, Christen und Muslime ist allmächtig und kann daher bestimmt besser für sich sorgen, als wir Menschen.

Brauchen Gläubige und Religionen staatlichen Schutz?

Ja, das wohl schon. Die Tendenz der Menschen zu Intoleranz um Hass auf Andersartiges bedingt, dass Vielfalt und Individualität geschützt werden müssen. Insbesondere dort, wo die entsprechende Religion in der Minderheit ist. Deshalb gibt es das Recht auf Meinungsfreiheit. Es soll allen Menschen ermöglichen, gemäß ihren Überzeugungen zu leben und zu sprechen. Die Religionsfreiheit ist also nur ein Unterfall, der wohl deshalb nötig ist, weil religiöse Minderheiten häufig von religiösen Mehrheiten bedrängt werden.

Damit sollte alles klar sein. Doch das ist es leider nicht, denn es gibt noch den Fall, dass Religionen bzw, Gläubige ihre Überzeugungen anderen mit Gewalt aufdrängen.

Es gehört zum Kernbestand jeder Religion, dass sie und nur sie allein im Besitz der Wahrheit zu sein meint. Weil die Wahrheit göttlich ist, zählt sie mehr als jeder Mensch. Diese Wahrheit äußert sich in Regeln, die göttlicher Herkunft und damit allgemeingültig sind. Sie gelten also nicht nur für die Menschen, die dieser Religion angehören, sondern für alle Menschen. Auch dann, wenn sie etwas anderes glauben.

Deshalb ist es zum Beispiel nach Meinung von Muslimen nicht nur ihnen, sondern allen Menschen verboten, Karikaturen vom Propheten Mohammed zu machen. Ähnliche Beispiele gibt es selbstverständlich ebenso für das Christentum und das Judentum.

Die Religionen definieren also Regeln, die – weil sie göttlich sind – höher stehen, als staatliches Recht. Und erst recht höher als beliebige Menschen unabhängig von ihrer Weltanschauung. Anders formuliert: Religionen sind zwangsläufig intolerant gegenüber anderen Weltanschauungen.

Das ist zunächst auch okay, solange das eine persönliche Haltung bleibt. Es darf nicht zu einer allgemeinen Forderung werden, dass sich sich der Staat und andere Menschen nach dieser Haltung ausrichten müssen. Leider passiert wegen der Göttlichkeit der Weisung häufig genau das.

So ist es zum Beispiel völlig in Ordnung, wenn das Christentum Homosexualität zur Sünde erklärt und ablehnt. Das können Christen für sich gerne so sehen. Muss ja nicht jeder Christ sein. Doch es ist überhaupt nicht in Ordnung, wenn das für die Förderung benutzt wird, Homosexuelle auch außerhalb des kirchlichen Raumes zu benachteiligen oder gar zu bestrafen.

Religionsfreiheit bedeutet, dass Menschen nicht behindert werden dürfen so zu leben, wie es ihrem Glauben entspricht. Dieses Recht findet seine Grenzen in den Rechten anderer Menschen, ebenfalls gemäß ihrer Überzeugungen leben zu können. Es beinhaltet nicht, dass man mit Hinweis auf seine Religion verlangen kann, dass sich alle anderen Menschen sich an das halten müssen, was man selbst für richtig hält.

Diese einfache Forderung ist für viele religiöse Menschen schwer zu akzeptieren. Denn für sie stehen die „göttlichen Gebote“ viel höher, als die Gesetze der Staaten mit ihren Menschen- und Bürgerrechten.

Doch wenn ein friedliches Zusammenleben in unseren modernen multikulturellen Gesellschaften funktionieren soll, dann müssen sie es akzeptieren.

Vielleicht hilft es, wenn sie ihrem allmächtigen Gott so weit vertrauen, dass er sich um die Sachen, die ihm wichtig sind, schon selber kümmern kann und wird.

© Jula 2015

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