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BAG 2 AZR 449/90

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BAG 2. Senat, Urteil vom 21. Februar 1991, Az: 2 AZR 449/90
Anfechtung des Arbeitsvertrages – arglistige Täuschung

Leitsatz

1. Gibt eine transsexuelle Person, deren Geschlechtsumwandlung nach §§ 8, 10 TSG noch nicht erfolgt ist, bei Einstellungsverhandlungen ihr wahres Geschlecht ungefragt nicht an, so liegt darin im Hinblick auf den Schutzzweck des Transsexuellengesetzes keine rechtswidrige arglistige Täuschung (§ 123 BGB). Es kann jedoch eine Anfechtung wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Person (§ 119 Abs 2 BGB) in Betracht kommen.

Verfahrensgang

vorgehend Landesarbeitsgericht Berlin 27. Juli 1990 6 Sa 45/90
vorgehend ArbG Berlin 28. März 1990 35 Ca 37/90

Tatbestand

Die Klägerin war seit dem 2. Oktober 1989 aufgrund schriftlichen Vertrages vom 18. Oktober 1989 als Arzthelferin für den Beklagten zu einem Monatsgehalt von 2.150,– DM brutto tätig. Die Kündigungsfrist war mit einem Monat zum Monatsende vereinbart.

Die Klägerin ist transsexuell veranlagt. Ihr Vorname wurde durch inzwischen rechtskräftigen Beschluß des Amtsgerichts Schöneberg vom 27. September 1988 auf der Grundlage des Transsexuellengesetzes von Michael in Michaela geändert. Dagegen ist die gerichtliche Feststellung der Zugehörigkeit der Klägerin zum weiblichen Geschlecht bislang noch nicht erfolgt, weil der dazu erforderliche operative Eingriff an den äußeren, männlichen Geschlechtsmerkmalen noch nicht vorgenommen wurde. In dem im Namensänderungsverfahren erstatteten Gutachten des Prof. Dr. R heißt es, daß bei der Klägerin eine psycho-sexuelle Ausrichtung ihrer Identität vom männlichen zum weiblichen Geschlecht vorliege, was differentialdiagnostisch als Transsexualität zu bezeichnen sei; die gegengeschlechtliche Orientierung habe sich bei der Klägerin seit der Kindheit vollzogen; die Klägerin sei in ihren alltäglichen Lebenszusammenhängen und in ihren entsprechenden Verhaltensausrichtungen von der unbedingten Gewißheit bestimmt, dem weiblichen Geschlecht zuzugehören. Ihr bisheriger und auf die Zukunft gerichteter Lebensentwurf sei sowohl in beruflicher wie in partnerschaftlicher Perspektive auf ein Leben als Frau ausgerichtet.

Über die Geschlechtszugehörigkeit der äußerlich als Frau auftretenden Klägerin wurde bei der Einstellung nicht gesprochen.

Der Beklagte führt als Chirurg eine sogenannte Durchgangspraxis mit einem hohen Anteil türkischer Patienten, und zwar sowohl männlichen wie auch weiblichen Geschlechts. Er beschäftigt regelmäßig neben einer Sekretärin und einer Krankengymnastin drei Arzthelferinnen und zwei Auszubildende. Ende 1989 verabreichte der Beklagte der Klägerin auf deren Bitten eine Hormonspritze zum Zwecke der Brustvergrößerung. Ende der dritten Januarwoche 1990 kam es zwischen den Parteien zu einem Gespräch, in dessen Verlauf die Klägerin dem Beklagten ihre Transsexualität offenbarte.

Mit Schreiben vom 23. Januar 1990 kündigte der Beklagte daraufhin der Klägerin zum Ende des Monats ohne Angabe von Gründen. Durch ein weiteres Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 30. Januar 1990, das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am folgenden Tag zuging, ließ der Beklagte außerdem die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen Täuschung über das Geschlecht der Klägerin erklären.

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist. Sie hat ursprünglich behauptet, sich bereits am 28. Oktober 1989 mit dem Beklagten über ihre Transsexualität unterhalten zu haben, wobei der Beklagte ihr sogar einen befreundeten Arzt für plastische Chirurgie zur Durchführung der noch ausstehenden Operation empfohlen habe. Dazu hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die ohnehin verspätete Anfechtung des Arbeitsvertrages greife auch deshalb nicht durch, weil sie den Beklagten nicht getäuscht habe: Sie sei dem weiblichen Geschlecht zugehörig und dürfe auch einen weiblichen Vornamen führen; sie trage ein weibliches Erscheinungsbild, lebe seit 1985 in der weiblichen Geschlechtsrolle und habe auch ihre Ausbildung in einem Frauenberuf gemacht. Auch ein außerordentlicher Kündigungsgrund sei nicht gegeben, zumal niemand in der Praxis etwas bemerkt habe und auch nach dem Gespräch mit dem Beklagten nichts habe zu merken brauchen. Da der Beklagte die Kündigungsfrist nicht eingehalten habe, bestehe das Arbeitsverhältnis bis zum 28. Februar 1990 fort.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die Anfechtungserklärung vom 30. Januar1990 noch durch die Kündigung vom 23. Januar 1990 aufgelöst wurde, sondern bis zum 28. Februar 1990 fortbestanden habe.

Der Beklagte hat sich mit seinem Klageabweisungsantrag darauf berufen, er sei durch die Klägerin arglistig getäuscht worden. Erstmals Mitte Januar 1990 habe er von der Klägerin erfahren, dass sie organisch ein Mann sei. Als Mann hätte er die Klägerin nie eingestellt. Auf einen Anruf habe der vorherige Arbeitgeber der Klägerin bestätigt, dieser habe von der Transsexualität ebenfalls nichts gewusst. Die weibliche Eigenschaft einer Arzthelferin sei für seine tägliche Praxisarbeit von erheblicher Bedeutung, weil bei einem Großteil der türkischen Patientinnen der Ehemann bei der Behandlung anwesend sei, wobei eine Täuschung über die Geschlechtszugehörigkeit nach dem Selbstverständnis dieses Personenkreises zu katastrophalen Reaktionen führen könne. Das Recht der Klägerin auf ihre Intimität finde jedenfalls seine Grenze an den Rechten der Patienten, die ihren Intimbereich durch Entkleiden und Erklärungen preisgäben. Die andersartigen Einstellungen türkischer Mitbürger müssten geachtet werden.

Nachdem er von der Transsexualität der Klägerin erfahren habe, habe er nicht sofort gekündigt, weil er sich zunächst mit seiner Ehefrau, die ebenfalls Ärztin sei, besprochen habe. Nachdem er dann am Montag, den 22. Januar 1990, gemeint habe, Auffälligkeiten im Verhalten der Klägerin beobachten zu können, habe er ihr erklärt, das Arbeitsverhältnis beenden zu wollen. Da die Klägerin ab dem nächsten Tag arbeitsunfähig krank geschrieben gewesen sei, habe er ihr das Kündigungsschreiben sodann mit der Post übersandt. Nach Beratung mit seinem Prozessbevollmächtigten, der zunächst ortsabwesend gewesen sei, sei dann auch noch die Anfechtung des Arbeitsverhältnisses erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe den Beklagten nicht über ihre Geschlechtszugehörigkeit getäuscht, weil sie sich nur ihrer Veranlagung gemäß verhalten habe. Da die transsexuelle Prägung zu den intimsten Dingen des betroffenen Menschen gehöre, habe für die Klägerin keine Offenbarungspflicht bestanden. Die Klägerin habe auch mehrere Monate unbeanstandet gearbeitet, ohne dass ihre Transsexualität und ihr körperlicher Zustand aufgefallen wären. Deshalb habe auch nicht die Gefahr bestanden, dass Patienten des Beklagten von diesen Umständen erfahren hätten. Die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist sei dem Beklagten jedenfalls zumutbar gewesen.

Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision und stellt zusätzlich den Antrag, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 31. Januar 1990 hinaus nicht fortbestanden habe.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung (§ 565 ZPO), weil der Senat nicht abschließend entscheiden kann, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund einer Anfechtung wegen eines Eigenschaftsirrtums i. S. des § 119 Abs. 2 BGB oder aufgrund der vorhergegangenen Kündigung sein Ende gefunden hat. Dabei wird aufzuklären sein, ob nach der vorausgegangenen Kündigung des Beklagten vom 23. zum 31. Januar 1990 am 30./31. Januar 1990 überhaupt noch eine Anfechtung des Arbeitsvertrages möglich war. Eine wirksame Anfechtung nach § 123 BGB kommt jedenfalls aus Rechtsgründen nicht in Betracht.

Die vom Senat als Anschlussrevision (§ 556 ZPO) gewertete, negative Feststellungsklage des Beklagten ist unzulässig.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Der Beklagte sei nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung zur Anfechtung des Arbeitsvertrages berechtigt gewesen. Die Klägerin habe gewusst, weder biologisch eine Frau zu sein noch rechtlich über das Tragen eines weiblichen Vornamens hinaus als Frau zu gelten; deshalb habe sie den Beklagten, der eine Frau habe einstellen wollen, vorsätzlich getäuscht. Die Geschlechtszugehörigkeit werde nämlich nach dem Transsexuellengesetz erst mit dem verändernden operativen Eingriff vollendet. Die vorsätzliche Täuschung sei auch arglistig. Denn das Recht der Klägerin auf Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte könne gegenüber den Interessen des Beklagten nicht als vorrangig anerkannt werden. Jedenfalls gelte dies für den Beruf der Arzthelferin, weil der Arzt auch das Selbstbestimmungsrecht der Patienten zu schützen habe. Wenn die Klägerin den Beruf einer Arzthelferin gewählt habe, dann sei sie es ja, die für sich in Anspruch nehme, in den Intimbereich ihrer Mitmenschen eindringen zu dürfen, was jedoch über die Inanspruchnahme von Toleranz gegenüber der eigenen Art zu leben weit hinausgehe. Dies gelte, weil der Beklagte ambulante Operationen auch im Intimbereich, u. a. bei Beschneidungen vornehme. Der Beklagte habe die Klägerin nur deshalb als Arzthelferin eingestellt, weil sie bei ihrer Bewerbung als Frau aufgetreten sei; einen Mann hätte er nach seiner glaubhaften Darstellung nicht eingestellt, was die Klägerin auch nicht in Abrede gestellt habe.

Die Anfechtung sei auch nicht wegen vorheriger Bestätigung der anfechtbaren Vertragserklärung ausgeschlossen, denn der Beklagte habe bei seiner Parteivernehmung eine frühere Kenntnis von der Transsexualität in Abrede gestellt. Nach seiner glaubhaften Schilderung sei Ende 1989 im Zusammenhang mit der Erteilung der Hormonspritze von einer operativen Geschlechtsumwandlung nicht die Rede gewesen. Daß der Beklagte schließlich die Klägerin am Montag, dem 22. Januar 1990, noch in Kenntnis der Sachlage weiterbeschäftigt habe, habe er glaubhaft damit begründet, er habe sich erst durch gezielte Beobachtung vergewissern wollen, ob sich im Verhalten der Klägerin den Patienten gegenüber Auffälligkeiten zeigten, was er dann auch meinte bemerkt haben zu können. Auch in der Kündigung mit einer Frist zum Monatsende sei kein Bestätigungswille zu sehen, zumal die Klägerin aufgrund ihrer Krankschreibung ohnehin nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz zurückzuerwarten gewesen sei; auch habe der Beklagte sich aus Rücksicht auf den weiteren beruflichen Werdegang der Klägerin offenbar damit begnügt, das Arbeitsverhältnis noch kurze Zeit bis zum Monatsende bestehen zu lassen. Deren Weiterbeschäftigung mit büromäßigen oder organisatorischen Tätigkeiten sei nicht möglich gewesen, weil der Beklagte dafür bereits eine Sekretärin eingestellt habe. Mit Zugang der Anfechtungserklärung sei deshalb das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet.

II. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Im Hinblick auf die Regelungen im Transsexuellengesetz (TSG) vom 10. September 1980 (BGBl. I, 1654) kann von einer arglistigen Täuschung bei Vertragsschluss nicht die Rede sein, so dass der Beklagte nach § 123 BGB nicht zur Anfechtung des Arbeitsvertrages berechtigt war.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (seit BAGE 5, 159 = AP Nr. 2 zu § 123 BGB) kann der Arbeitsvertrag auch durch Anfechtung gemäß § 123 Abs. 1 BGB beendet werden. Das Anfechtungsrecht wird grundsätzlich nicht durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung verdrängt. Der Tatbestand der arglistigen Täuschung erfordert in objektiver Hinsicht, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst. Die Täuschung muss sich auf objektiv nachprüfbare Umstände beziehen; subjektive Werturteile genügen nicht (Soergel/Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 123 Rz 3; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 123 Rz 4).

a) Die Täuschung kann durch positives Tun, also insbesondere durch Behaupten, Unterdrücken oder Entstellen von Tatsachen erfolgen. Sie kann aber auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern der Erklärende zur Offenbarung der fraglichen Tatsache verpflichtet ist. Dies gilt auch im Zusammenhang mit der Anbahnung von Arbeitsverhältnissen. Wird der Arbeitnehmer bei der Einstellung nach dem Vorliegen einer bestimmten Tatsache befragt, so ist er – falls die Frage zulässig ist – zu deren wahrheitsgemäßer Beantwortung verpflichtet (BAGE 11, 270; 49, 214 = AP Nr. 15 und 30 zu § 123 BGB). Ein Fragerecht wird dem Arbeitgeber nur insoweit zugestanden, als er ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage für das Arbeitsverhältnis hat (BAGE 51, 167 = AP Nr. 31 zu § 123 BGB). Ohne eine entsprechende Frage des Arbeitgebers muß der Arbeitnehmer von sich aus nur auf solche Tatsachen hinweisen, deren Mitteilung der Arbeitgeber nach Treu und Glauben erwarten darf (Soergel/Hefermehl, aaO, § 123 BGB Rz 6; Staudinger/Dilcher, aaO, § 123 BGB Rz 7; MünchKomm-Kramer , BGB, 2. Aufl., § 123 Rz 14 ff.).

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers an die Voraussetzung gebunden, daß die verschwiegenen Umstände dem Arbeitnehmer die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Leistungspflicht unmöglich machen oder sonst für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind (BAGE 15, 261 = AP Nr. 6 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsabschluß; Senatsurteil vom 25. März 1976 – 2 AZR 136/75 – AP Nr. 19 zu § 123 BGB; BAGE 49, 214 = AP Nr. 30 zu § 123 BGB; BAGE 59, 285 = AP Nr. 1 zu § 8 MuSchG 1968; vgl. auch Wiedemann, Festschrift für Herschel, 1982, S. 463, 468; Hofmann, ZfA 1975, 1, 48; Conze, Anm. zu AP Nr. 32 zu § 123 BGB). Wie in der Rechtsprechung des BAG weiter anerkannt ist (seit BAGE 5, 159 = AP Nr. 2 zu § 123 BGB), stellt nicht jede falsche Angabe bei der Einstellung eine arglistige Täuschung i. S. des § 123 BGB dar, sondern nur eine falsche Antwort auf eine zulässigerweise gestellte Frage. Vorstrafen brauchen z. B. nach § 51 BZRG in der Fassung vom 21. September 1984 (BGBl. I, 1229) nicht offenbart zu werden, wenn sie gemäß § 30 BZRG nicht in ein polizeiliches Führungszeugnis aufzunehmen sind (Hofmann, ZfA 1975, 59 f.). Ferner ist entschieden (BAG Urteil vom 15. Januar 1970 – 2 AZR 64/69 – AP Nr. 7 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung), daß Fragen nach Vorstrafen unrichtig beantwortet werden dürfen, wenn die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes dies nicht erfordert.

In der Literatur (vgl. Erman/Brox, BGB, 8. Aufl., § 123 Rz 20; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 123 Rz 26 f.; Palandt/Heinrichs, BGB, 50. Aufl., § 123 Rz 10) wird dies dahin verstanden, in diesen Fällen sei die Täuschung nicht rechtswidrig; bei der Abfassung des § 123 BGB sei die Widerrechtlichkeit ausdrücklich nur bei der Drohung, nicht auch für die Täuschung – weil dort selbstverständlich – normiert worden; sie entfalle aber bei Rechtfertigungsgründen.

2. Die Klägerin hat den Beklagten vorliegend nicht rechtswidrig getäuscht. Die Revision rügt zu Recht, das Landesarbeitsgericht habe nicht ausreichend die besondere Stellung der Klägerin nach dem TSG und ihren Zustand, der insbesondere durch das Privileg der Vornamensänderung erleichtert werden solle, berücksichtigt.

a) Die Klägerin hat allerdings mit ihrem Erscheinungsbild den Beklagten objektiv über ihr Geschlecht getäuscht, zumal eine Änderung ihrer Geschlechtszugehörigkeit nach §§ 8, 10 TSG noch nicht erfolgt ist. Das TSG geht davon aus, dem Transsexuellen solle bei seiner Geschlechtsidentifizierung im sozialen Leben in zwei Stufen geholfen werden (vgl. Begründung zum Entwurf des TSG, BT-Drucks . 8/2947, S. 11, 12). Das Gesetz sieht insofern eine sogenannte „kleine“ und eine „große“ Lösung vor (erste Beratung des TSG, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 8. Wahlperiode, S. 13169, 13170). Nach der ersteren werden nur die Vornamen eines volljährigen Transsexuellen geändert. Von dem Antragsteller wird dabei nicht verlangt, sich einer geschlechtsverändernden Operation unterzogen zu haben. Der Transsexuelle erhält damit die Möglichkeit, in der Rolle des anderen Geschlechts aufzutreten, ohne zu unveränderbaren Entscheidungen gedrängt zu werden. Bei der „großen Lösung“ ist auf Antrag die gerichtliche Feststellung vorgesehen, daß eine Person als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist. Dafür wird insbesondere verlangt, daß sich der Betroffene einem operativen Eingriff unterzogen hat. Von der Rechtskraft dieser Feststellung an richten sich die vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten allgemein nach dem anderen Geschlecht.

b) Die Klägerin gilt biologisch noch als Mann (§ 10 TSG), während sie sich durch ihr Auftreten beim Beklagten unstreitig als Frau ausgegeben hat. Dies erscheint jedoch im Hinblick auf Sinn und Zweck des TSG, insbesondere § 5 TSG – mit dieser Vorschrift setzt sich das Landesarbeitsgericht nicht auseinander – gerechtfertigt. Auf Antrag der Klägerin ist durch rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 27. September 1988 ihr Vorname auf der Grundlage des TSG in Michaela geändert, vorerst also die sogenannte „kleine Lösung“ verwirklicht worden. Deren Sinn ist es, dem Transsexuellen die Möglichkeit zu eröffnen, auch schon vor der irreversiblen „großen Lösung“ frühzeitig in der Rolle des anderen Geschlechts aufzutreten (Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks . 8/2947, S. 12 zu 2.5.). Dies ist in den Beratungen des Gesetzentwurfs u. a. damit begründet worden (vgl. Staatssekretär von Schoeler, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 8. Wahlperiode, S. 13169 und Abgeordneter Dr. Meinecke, ebenda, S. 13173), der betroffene Personenkreis habe bei der Wohnungssuche, bei Arbeitsplatzsuche, beim Abschluss von Verträgen, beim Grenzübertritt und sonstigen Behördenkontakten unsagbare Schwierigkeiten. Es gehe um ein Problem des personalen Selbstverständnisses, das sich in der Geschlechtsrolle und in der Geschlechtsidentität manifestiere. Es gelte, dem Unverständnis und der Unwissenheit bei Mitbürgern zu begegnen, wenn sie als sogenannte Normale diese Menschen als sexuell abartig ansähen, wozu die öffentliche Berichterstattung mit entsprechender Bebilderung und Titeln beitrage.

Entgegen dem damaligen Votum des Bundesrates (vgl. BT-Drucks . 8/2947, Anl. 2, S. 18 ff.) ist die sogenannte „kleine Lösung“ Gesetz geworden. Auch bei der zweiten und dritten Lesung des Gesetzentwurfs ist gerade zur Unterstützung der sogenannten „kleinen Lösung“ betont worden (Abgeordneter Wolfgramm, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 8. Wahlperiode, S. 17736), es gehe um einen Beitrag für die Betroffenen u. a. im juristischen Bereich, nämlich z. B. beim Arbeitsplatzwechsel, bei der Arbeitsplatzsuche, im Sozialbereich, um ihnen die Möglichkeit zu geben, die Identitätsfindung wenigstens zu einem Teil zu erreichen.

c) Im Hinblick auf diese Entstehungsgeschichte erscheint schon die Auffassung des Landesarbeitsgerichts kaum haltbar, die Klägerin habe gewusst, weder biologisch eine Frau zu sein, noch rechtlich über das Tragen des weiblichen Vornamens hinaus als Frau zu gelten; deshalb habe sie den Beklagten vorsätzlich und arglistig getäuscht. Die Revision rügt demgegenüber zutreffend, das Landesarbeitsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, daß die Klägerin sich dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühle und seit spätestens 1985 als Frau auftrete und bestrebt sei, ihren seelischen Zustand mit ihrem äußeren Erscheinungsbild in Einklang zu bringen. Wie aus § 5 TSG insofern zusätzlich zu entnehmen ist, soll die transsexuelle Person hinsichtlich der Vornamensänderung vor einer grundlosen Aufdeckung der von ihr vorher geführten Vornamen geschützt werden (Reg. -Entwurf, BT-Drucks . 8/2947, S. 14). Dem dürfte es widersprechen, wenn sie bei Bewerbungen – zumindest ungefragt und ohne nähere Kenntnis, dass eine vollständige weibliche Identität unabdingbare Voraussetzung für eine Einstellung sei – ihre „vergangene“ Identität offenlegen müsste. Da die Tendenz der Klägerin, ihren seelischen Zustand mit ihrem äußeren Erscheinungsbild in Einklang zu bringen, durch das TSG – wie ausgeführt – unterstützt wird, wäre ihr subjektiv eine Täuschungsabsicht und Arglist wohl nicht nachzuweisen. Dafür wäre jedenfalls der Beklagte als der Anfechtende darlegungs- und beweisbelastet (vgl. BGH Urteil vom 13. Mai 1957 – II ZR 56/56 – NJW 1957, 988; BGH Urteile vom 17. Oktober 1960 – VII ZR 196/59 – und 22. Oktober 1976 – V ZR 247/75 – LM Nr. 23 und 47 zu § 123 BGB). Darauf braucht der Senat jedoch nicht entscheidend abzustellen.

d) Jedenfalls wäre eine objektiv vorliegende Täuschung nicht rechtswidrig im eingangs (oben II 1) geschilderten Sinne. Selbst wenn man davon ausgeht, eine vollständige weibliche Identität sei für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz als Arzthelferin in der Praxis des Beklagten von ausschlaggebender Bedeutung (zu diesem Begriff vgl. BAGE 15, 261 = AP Nr. 6 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsabschluss; BAGE 49, 214 = AP Nr. 30 zu § 123 BGB; BAGE 59, 285 = AP Nr. 1 zu § 8 MuSchG 1968), durfte die Klägerin im Hinblick auf §§ 1, 5 TSG im Rechtsverkehr als Frau auftreten und den Mangel an weiblicher Identität ungefragt verschweigen. Bestand schon für den in § 5 TSG angesprochenen Personenkreis keine Offenbarungspflicht, dann um so weniger für die Klägerin selbst. Ob eine solche Offenbarungspflicht dann bestanden hätte, wenn die Klägerin ausdrücklich nach ihrer weiblichen Identität gefragt worden wäre, ist nicht zu entscheiden. Ihre Handlungsweise gegenüber dem Beklagten bei Vertragsabschluss wird durch die Sonderregelung des Transsexuellengesetzes erlaubt.

Der Senat teilt insofern die in der Literatur (oben II 1) vertretene Auffassung, wonach eine Anfechtung wegen Arglist nach § 123 BGB unausgesprochen eine Rechtswidrigkeit voraussetzt. Der BGB-Gesetzgeber ist in der Tat (vgl. Motive bei Mugdan, Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 1, S. 965) davon ausgegangen, die Rechtswidrigkeit sei bei der arglistigen Täuschung selbstverständlich. Er hat also die Fälle rechtmäßiger Täuschung – vor allem im Arbeitsverhältnis – nicht gesehen, so daß diese Lücke des Gesetzes durch teleologische Reduktion zu schließen ist (ebenso Neumann-Duesberg , UFiTA (Bd. 36) 1962, 113; derselbe JR 1967, 1 f.; von Lübtow in Entwicklungstendenzen im Wirtschafts- und Unternehmensrecht – Festschrift Bartholomeyczik 1973, 275; Hofmann, ZfA 1975, 60 f.). Die Norm des § 123 BGB ist insofern zu weit gefasst, als sie die Fälle einer an sich arglistigen, aber rechtlich erlaubten Täuschung mit umfasst. Davon ist im Grunde auch die frühere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z. B. Urteil vom 15. Januar 1970 – 2 AZR 64/69 – AP, aaO) ausgegangen, wenn sie auch – etwas unscharf – bereits die arglistige Täuschung als solche verneinte. Schon Herschel (in Anm. zu dieser Entscheidung) hat zutreffend darauf hingewiesen, das Problem liege darin, ob und bejahendenfalls wann dem unrichtig antwortenden Arbeitnehmer ein Rechtfertigungsgrund zur Seite stehe. Ein solcher Rechtfertigungsgrund liegt hier vor.

3. Scheidet aber eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB aus, so wäre die Klage gleichwohl erfolglos (§ 563 ZPO), wenn eine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB durchgreifen würde.

a) Eine Anfechtung des Arbeitsvertrages käme nach dieser Bestimmung in Betracht, wenn beim Beklagten ein Irrtum über solche Eigenschaften der Person der Klägerin vorgelegen hätte, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden. Der Irrtum nach § 119 Abs. 2 BGB kann als ein einseitiger Eigenschaftsirrtum oder als ein ausnahmsweise beachtlicher Motivirrtum aufgefasst werden (vgl. zur dogmatischen Grundlegung, Larenz, Allgemeiner Teil des BGB, 7. Aufl., § 20 II b; MünchKomm-Kramer , aaO, § 119 Rz 89 ff.; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 119 Rz 45). Auch in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Irrtum über Eigenschaften der Person anerkannt, so dass bei einer begründeten Anfechtung das Arbeitsverhältnis entfällt (BAGE 20, 298 = AP Nr. 2 zu § 119 BGB; BAGE 5, 159 = AP Nr. 2 zu § 123 BGB; BAG Urteil vom 28. März 1974 – 2 AZR 92/73 – AP Nr. 3 zu § 119 BGB, m. Anm. von Küchenhoff und aus neuerer Zeit Senatsurteil vom 20. Februar 1986 – 2 AZR 244/85 – BAGE 51, 167 = AP Nr. 31 zu § 123 BGB, zu II der Gründe).

b) Eine solche Anfechtung muß unverzüglich erklärt werden, § 121 Abs. 1 BGB. Das ist der Fall, wenn sie ohne schuldhaftes Zögern, also spätestens innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Kenntnis der für die Anfechtung maßgebenden Tatsachen erfolgt ist (BAGE 32, 237 = AP Nr. 4 zu § 119 BGB, mit zustimmender Anm. von Mühl; vgl. dazu auch Senatsurteil vom 19. Mai 1983 – 2 AZR 171/81 – AP Nr. 25 zu § 123 BGB, zu A I 2 b der Gründe). Notwendige Erkundigungen – ggf. auch die Einholung von Rechtsrat ( RG-HRR 1931, Rz 584) – sind mit der gebotenen Eile durchzuführen (BAGE 2, 237, 247 = AP, aaO, zu IV 3 a der Gründe).

4. Der Senat kann in dieser Frage aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend entscheiden.

a) Zunächst erscheint fraglich, ob der Beklagte nach der vorangegangenen Kündigung vom 23. zum 31. Januar 1990 überhaupt noch ein Anfechtungsrecht nach § 119 BGB ausüben konnte. Zwar wird das Anfechtungsrecht nicht durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung verdrängt, sondern dem Arbeitgeber steht ein Wahlrecht zu (siehe oben II 1, vgl. ferner BAG Urteil vom 28. März 1974 – 2 AZR 92/73 – AP Nr. 3 zu § 119 BGB, zu 1 der Gründe und Senatsurteil vom 29. August 1974 – 2 AZR 417/73 – n. v., zu 2 a der Gründe; KR-Hillebrecht , 3. Aufl., § 626 BGB Rz 31; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 5. Aufl., Rz 51). In den bisher entschiedenen Fällen ging es jedoch um eine alternative Ausübung des Gestaltungsrechts im gleichen Zeitpunkt. Hier hat jedoch der Beklagte zunächst eine entfristete Kündigung (vgl. dazu noch unter II 5) und eine Woche später eine Anfechtung ausgesprochen. Deshalb könnte ein Anfechtungsrecht grundsätzlich nach § 144 BGB ausgeschlossen sein, wenn in der Kündigung vom 23. zum 31. Januar 1990 eine – zumindest zeitliche – Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts zu sehen wäre.

b) Dazu führt das Landesarbeitsgericht aus, gegen einen solchen Bestätigungswillen und die nach seiner Ansicht erforderliche Kenntnis von einem Anfechtungsrecht spreche, daß die Anfechtung erst auf Beratung des Beklagtenvertreters hin erklärt worden sei, während der Beklagte selbst vom Erfordernis einer Kündigung ausgegangen sei; dabei sei es nicht unverständlich, wenn er mit Rücksicht auf den weiteren beruflichen Werdegang der Klägerin sich damit begnügt habe, das Arbeitsverhältnis noch bis zum Monatsende bestehen zu lassen.

Insofern fehlt es aber schon an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, von welchem Kenntnisstand der Beklagte bei Ausspruch der entfristeten Kündigung vom 23. Januar 1990 ausging. Unstreitig ist dazu nur, dass er sich nach der am Freitag der Vorwoche festgestellten Transsexualität mit seiner Ehefrau, einer Ärztin, über das weitere Vorgehen beraten hatte. Ob dabei bereits die Alternative einer Anfechtung oder zumindest außerordentlichen fristlosen Kündigung besprochen war, läßt sich dem bisherigen Vorbringen der Parteien nicht entnehmen.

c) In der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur (vgl. BGH Urteil vom 2. Februar 1990 – V ZR 266/88 – NJW 1990, 1106; BGH Urteil vom 28. April 1971 – VIII ZR 258/69 – NJW 1971, 1795, 1800; BGH Urteil vom 8. März 1961 – V ZR 24/60 – WM 1961, 785; BGH Urteil vom 12. November 1957 – VIII ZR 311/56 – NJW 1958, 177; RGZ 128, 116, 119; MünchKomm-Mayer-Maly , aaO, § 144 Rz 4; RGRK-Krüger-Nieland , BGB, 12. Aufl., § 144 Rz 6, 9; Staudinger/Dilcher, aaO, § 144 Rz 3; Soergel/Hefermehl, aaO, § 144 Rz 2) wird zu § 144 BGB die Auffassung vertreten, der Anfechtende müsse die Kenntnis von den die Aufhebung begründenden Tatsachen besitzen und dies mit der Vorstellung verbinden, daß er gegen die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts vorgehen könne. In einem Fall, in dem ein Inhaltsirrtum auch nach einer Beweisaufnahme im Prozeß noch strittig war, hat der BGH (WM 1961, 785, 786) ausgeführt, die Kenntnis vom Anfechtungsgrund setze die Aufdeckung des Irrtums voraus; bloße Zweifel des Erklärenden, ob der Inhalt seiner Willenserklärung seinem Willen entsprach, genügten für die Kenntnis des Anfechtungsgrundes nicht. In einer neueren Entscheidung (BGH Urteil vom 2. Februar 1990 – V ZR 266/88 – NJW 1990, 1106) wird ausgeführt, es genüge ein Verhalten, das den Willen offenbare, trotz Kenntnis der Anfechtbarkeit an dem Rechtsgeschäft festzuhalten, d. h. das Rechtsgeschäft ungeachtet des Anfechtungsgrundes gelten zu lassen. Dabei ist unter Bezugnahme auf eine frühere Entscheidung offenbar die Kenntnis in dem Sinne gemeint, daß der Anfechtende Kenntnis vom Irrtum als solchem haben müsse. Gemeinsam ist im Anschluß an RGZ 128, 116 allen Entscheidungen der Prüfungsmaßstab, ob der Anfechtende ungeachtet der Anfechtbarkeit bei dem Rechtsgeschäft stehen bleiben wolle, denn die Bestätigung komme sachlich einem Verzicht auf das Anfechtungsrecht gleich.

Dies ist hier aufklärungsbedürftig. Zwar lässt schon die Kündigung vom 23. Januar 1990 erkennen, daß der Beklagte nicht auf Dauer am Arbeitsverhältnis festhalten wollte; er hat dies jedoch offensichtlich für die Zukunft, nämlich zum 31. Januar 1990 ausgesprochen, ohne dass bisher ersichtlich ist, ob er das Rechtsgeschäft von Anfang an für unwirksam ansah. Wenn die Dinge tatsächlich so lagen, wie das Landesarbeitsgericht annimmt, nämlich dass der Beklagte mit Rücksicht auf den weiteren beruflichen Werdegang der Klägerin das Arbeitsverhältnis bis zum Monatsende bestehen lassen wollte, dann könnte darin ein partieller Verzichtswille in dem vorstehend gekennzeichneten Sinne liegen. Dies wird daher das Landesarbeitsgericht noch aufzuklären haben.

d) Geht man davon aus, daß dem Beklagten ein solcher Verzichtswille fehlte und er sich auf jeden Fall möglichst kurzfristig von der Klägerin trennen wollte, so wäre weiter zu prüfen, ob in der ausdrücklich „wegen Täuschung“ ausgesprochenen Anfechtung laut Schreiben vom 30. Januar 1990 auch eine Berufung auf einen Eigenschaftsirrtum in dem unter II 3 gekennzeichneten Sinne zu sehen ist. Dies ist letztlich eine Frage der Auslegung der vorliegenden Urkunden unter Berücksichtigung des Parteivorbringens (ebenso BGHZ 78, 217, 221; BGH Urteil vom 26. Oktober 1978 – VII ZR 202/76 – NJW 1979, 160, 161; BGH Urteil vom 14. Dezember 1960 – V ZR 40/60 – NJW 1961, 772, 774; allgemeine Meinung vgl. Palandt/Heinrichs, 50. Aufl., § 123 Rz 28 und § 143 Rz 3; Soergel/Hefermehl, aaO, § 143 Rz 2 und § 123 Rz 59; Staudinger/ Dilcher, aaO, § 123 Rz 44). Dabei wird mit zu berücksichtigen sein, ob der Anfechtende sich ggf. auch im Prozess auf Irrtumsanfechtung berufen hat. Die Frage der Auslegung ist nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Wirkungen der Anfechtung von Bedeutung. Während die Anfechtung nach § 123 BGB keinen Schadenersatzanspruch des Anfechtungsgegners auslöst, ist dies je nach dessen Kenntnisstand hinsichtlich des Irrtums bei der Anfechtung nach § 119 BGB der Fall (§ 122 BGB). Da das Landesarbeitsgericht bisher von einer wirksamen Anfechtung nach § 123 BGB ausgegangen ist, muss den Parteien auch insofern Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag gewährt werden, zumal sich der bisherige Vortrag des Beklagten in der beiläufigen Bemerkung erschöpft, die Bedeutung des von der Klägerin angeführten § 121 BGB sei nicht ersichtlich; es sei unverzüglich angefochten worden, komme aber maßgebend auf § 123 BGB an.

e) Wenn nach dem Ergebnis der Auslegung eine Anfechtung wegen Irrtums über persönliche Eigenschaften erfolgt ist, kommt eine solche Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB nur in Betracht, wenn die Eigenschaft der Person im Verkehr als wesentlich angesehen wird.

aa) In der Kommentarliteratur (vgl. Larenz, aaO, § 20 II b, S. 382; Palandt/Heinrichs, aaO, § 119 Rz 26) wird hierzu auch der Irrtum über das Geschlecht als Beispiel aufgeführt. In der Rechtsprechung werden Umstände als Irrtum über wesentliche Eigenschaften der Person anerkannt, die entweder die Person selbst kennzeichnen, wie Schwangerschaft bei einer Tänzerin (vgl. BAGE 11, 270, 271 f. = AP Nr. 15 zu § 123 BGB, zu VI 2 der Gründe, mit Anm. von Larenz), Vorstrafen (vgl. BAGE 5, 159 = AP Nr. 2 zu § 123), eine epileptische Erkrankung (BAG Urteil vom 28. März 1974 – 2 AZR 92/73 – AP Nr. 3 zu § 119 BGB; RAG ARS 6, 305, 308) oder ihre wirtschaftliche Lage, wie z. B. ihre derzeitige Vertrauenswürdigkeit, ihre Zahlungsfähigkeit oder ihre Kreditwürdigkeit (BGHZ 70, 47; RGZ 143, 429, 431; 105, 206, 208; 66, 385, 387).

Auf die in der Lehre (vgl. MünchKomm-Kramer , aaO, § 119 Rz 91) behandelte Frage, ob nur ein solcher Irrtum nach § 119 Abs. 2 BGB zur Anfechtung berechtigt, der dem Erklärungsgegner erkennbar und/oder von ihm veranlasst war, braucht nicht eingegangen zu werden, weil hier unstreitig die irrige Vorstellung des Beklagten über die fehlende weibliche Eigenschaft der Klägerin durch diese veranlaßt und ihr auch erkennbar war.

bb) Der Senat sieht vorliegend in der vollen weiblichen Identität auch eine für den Vertrag als Arzthelferin verkehrswesentliche Eigenschaft der Person i. S. des § 119 Abs. 2 BGB. Der Beklagte hat unwidersprochen (§ 138 Abs. 3 ZPO) vorgetragen, er habe eine Arzthelferin einstellen wollen; als Mann hätte er die Klägerin nie eingestellt. Davon geht auch die Klägerin aus, wenn sie in der Revisionsbegründung einräumt, ihr sei bekannt gewesen, dass die Patienten bei Kenntnis von ihrem organischen Zustand überreagiert und u. U. die Praxis nicht mehr aufgesucht hätten; sie habe allerdings niemals die Absicht gehabt, sich gegenüber den Patienten zu offenbaren. Nach seinen erkennbaren Vorstellungen wollte also der Beklagte eine Frau einstellen. Das entsprach seinem Konzept, neben einer Sekretärin und einer Krankengymnastin noch drei Arzthelferinnen, nach seinen Praxisbedürfnissen also nur Frauen zu beschäftigen. Nach dem Sinn und Zweck des § 119 Abs. 2 BGB (vgl. BGHZ 88, 240, 246) ist bei der Bestimmung der Verkehrswesentlichkeit von dem konkreten Rechtsgeschäft auszugehen, hier also von der Einstellung als Arzthelferin. Dieser Eigenschaft genügte die Klägerin jedenfalls solange (noch) nicht, als nicht ihre Geschlechtsumwandlung nach §§ 8, 10 TSG vollzogen war. Zu den verkehrswesentlichen Eigenschaften einer Person zählen nämlich in erster Linie die natürlichen Persönlichkeitsmerkmale, als auch solche tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die infolge ihrer Beschaffenheit und vorausgesetzten Dauer nach den Anschauungen des Verkehrs Einfluss auf die Wertschätzung der Person in dem bestimmten Rechtsverhältnis ausüben (BGHZ 16, 54, 57; 88, 240, 246). Gerade im Hinblick auf das Arzt-Patienten-Verhältnis ist es von erheblicher Bedeutung, ob der Patient bzw. die Patientin seinen/ihren Intimbereich dem Arzt in Gegenwart eines weiblichen oder männlichen Arzthelfers offenbart. Dies dürfte nach der Verkehrsanschauung generell und nicht erst speziell im Hinblick auf die besondere Situation beim Beklagten gelten, der als Chirurg in einer Durchgangspraxis mit Patienten überwiegend ausländischer Abstammung sowie ihrer gesellschaftlichen und religiösen Einstellung (Moslems) zudem noch eine besondere Sensibilität für seinen Patientenkreis reklamiert. Darauf braucht also nicht entscheidend abgestellt zu werden.

f) Liegt aber ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft vor, so greift die Anfechtung nur durch, wenn anzunehmen ist, dass der Beklagte den Vertrag bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles nicht abgeschlossen haben würde, § 119 Abs. 2 und Abs. 1 BGB. Auch diese Frage nach der Ursächlichkeit des Irrtums ist eine Tatsachenfrage, deren Beurteilung dem Tatsachenrichter vorbehalten ist (vgl. BAG Urteil vom 28. März 1974 – 2 AZR 92/73 – AP Nr. 3 zu § 119 BGB, zu 5 der Gründe). Dabei sind vom Tatrichter die persönlichen Verhältnisse und Umstände beim Beklagten zu berücksichtigen, nicht jedoch eine etwaige Willkür, wie Eigensinn und Unverstand; es ist unter Anlegung eines objektiven Maßstabes zu fragen, wie gerade dieser Erklärende bei verständiger Würdigung des Falles gehandelt hätte (RGZ 62, 201, 206; MünchKomm-Kramer , aaO, § 119 Rz 126; RGRK-Krüger-Nieland , aaO, § 119 Rz 67; Staudinger/Dilcher, aaO, § 119 Rz 73).

Der Beklagte hat hier vorgetragen, aufgrund seiner Praxisnotwendigkeiten hätte er die Klägerin als Mann nie eingestellt. Das Landesarbeitsgericht wird zu berücksichtigen haben, dass dem Beklagten das Recht auf freie Gestaltung seiner Praxis und freie Auswahl seiner Mitarbeiterinnen (Art. 1, 2, 14 GG) nicht abgesprochen werden kann; die Klägerin hatte demgegenüber keinen Einstellungsanspruch. Dieser ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des durch das TSG gewährten Schutzes. Dieser soll zwar – wie oben unter II 2 ausgeführt – das Auftreten im Rechtsverkehr, u. a. bei der Arbeitssuche erleichtern. Das gilt auch, und zwar insoweit, als der Klägerin bei Ausnutzung dieser Position keine Arglist nachgesagt werden kann. Die Irrtumsanfechtung nach § 119 BGB aber ist dabei wie z. B. auch bei jedem Schwerbehinderten unter dem Schutz des Schwerbehindertengesetzes (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1976 – 2 AZR 136/75 – AP Nr. 19 zu § 123 BGB) nicht ausgeschlossen, wenn eine bestimmte persönliche Eigenschaft verkehrswesentliche Bedeutung hat (vgl. BAG Urteil vom 24. Oktober 1968 – 2 AZR 15/68 – n. v.; KR-Etzel , 3. Aufl., §§ 15 – 20 SchwbG Rz 31; Gröninger/Thomas, SchwbG, Stand Januar 1989, § 15 Rz 16; Wilrodt/Neumann, SchwbG, 7. Aufl., § 15 Rz 44).

g) Eine wirksame Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB setzt weiter voraus, daß sie unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern erfolgt wäre, § 121 BGB (vgl. einleitend zu II 3 b). Auch insofern ist der Sachverhalt noch nicht genügend aufgeklärt. Es wird nicht deutlich, aufgrund welcher genauen Umstände der Beklagte nach den Überlegungen mit seiner Ehefrau am Wochenende, dem 20./21. Januar 1990, die zu der Kündigung vom 23. Januar 1990 führten, bis zum 30. Januar 1990 zugewartet hat, um nunmehr die Anfechtung auszusprechen. Zwar hat er vorgetragen, er habe seinen Anwalt konsultieren wollen; weil dieser ortsabwesend gewesen sei, habe erst am 30. Januar 1990 das Anfechtungsschreiben gefertigt werden können, das der Klägerin am 31. Januar 1990 zugegangen ist. Damit ist die Anfechtung zwar innerhalb einer Frist von spätestens zwei Wochen nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgt (vgl. BAGE 32, 237 = AP Nr. 4 zu § 119 BGB, mit zustimmender Anmerkung von Mühl, während der Senat im Urteil vom 19. Mai 1983 – 2 AZR 171/81 – AP Nr. 25 zu § 123 BGB, zu A I 2 b der Gründe, zur Frage der Höchstfrist nicht Stellung genommen hat); § 121 BGB bleibt aber insofern unberührt, als ein Fristablauf wegen Verzögerung auch schon vor Ablauf der Zwei-Wochen-Frist eintreten kann (vgl. KR-Wolf , 3. Aufl., Grunds. Rz 176 a; Wolf/Gangel, ArbuR 1982, 271, 275). Deshalb wird das Landesarbeitsgericht auch der Frage nachzugehen haben, ob der Beklagte hier wegen der an sich zulässigen Einholung von Rechtsrat (siehe oben II 3 b) mit der gebotenen Eile gehandelt hat (BAGE 32, 237, 247 f. = AP, aaO, zu IV 3 a der Gründe).

h) Die Klärung dieser Frage ist auch nicht etwa entbehrlich, weil die Ausübung des Anfechtungsrechts ohnehin etwa treuwidrig (§ 242 BGB) wäre. Denn das Landesarbeitsgericht hat dies – wenn auch im Zusammenhang mit § 123 BGB – zutreffend mit der Begründung verneint, die Rechtslage des Beklagten sei auch im Anfechtungszeitpunkt noch beeinträchtigt, weil ein Einsatz der Klägerin etwa als Sekretärin nicht möglich gewesen sei. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Sie befand sich außerdem noch in der Probezeit (§ 1 des Arbeitsvertrages), so daß nach einem knapp viermonatigen Bestand des Arbeitsverhältnisses noch nicht davon ausgegangen werden kann, der Anfechtungsgrund habe schon im Januar 1990 seine Bedeutung für die weitere Durchführung des Arbeitsverhältnisses verloren (vgl. BAG Urteil vom 18. September 1987 – 7 AZR 507/86 – AP Nr. 32 zu § 123 BGB). Dies wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen, ebensowenig wie die Darlegungen des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte habe auch durch die Weiterbeschäftigung der Klägerin am 22. Januar 1990 das Arbeitsverhältnis nicht bestätigt.

i) Die Ausübung des Anfechtungsrechts verstieße auch nicht gegen § 611 a BGB (siehe aber die Anm. von Struck, BB 1990, 2267). Auf eine Benachteiligung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses hat sich die Klägerin nicht berufen. Nach den Ausführungen zu II 4 e liegt ein sachlicher Differenzierungsgrund vor, weil aufgrund der Praxisnotwendigkeiten die Eigenschaft als Frau für den Beklagten und nach seinem unbestrittenen Sachvortrag auch für seine Patienten/innen unverzichtbare Voraussetzung des Arbeitsverhältnisses war (vgl. den Reg. -Entwurf vom 6. November 1979 BT-Drucks . 8/3317, S. 8, zum Arbeitsrechtlichen EG-Anpassungsgesetz vom 13. August 1980, BGBl. I 1980, 1308) wonach eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern aus sachlichen Gründen zulässig bleiben soll; vgl. auch Erman/Hanau, BGB, 8. Aufl., § 611 a Rz 12; MünchKomm-Söllner , aaO, § 611 a Rz 3 und Rz 11; Staudinger/Richardi, aaO, § 611 a Rz 37 und 48).

5. Scheidet nach den vom Landesarbeitsgericht noch zu treffenden Feststellungen auch eine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB aus, so wäre über die Kündigungsmaßnahme des Beklagten zu befinden, weil auch mit ihr eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses entgegen dem Klageantrag zum 31. Januar 1990 angestrebt wird. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif, § 563 ZPO.

a) Insoweit könnte es bereits an der notwendigen Bestimmtheit fehlen, ob nun ordentlich oder außerordentlich gekündigt sein soll (BAG Urteil vom 16. Juli 1959 – 1 AZR 193/57 – AP Nr. 31 zu § 626 BGB; KR-Wolf , 3. Aufl., Grunds. Rz 270 ff.; KR-Friedrich , § 13 KSchG Rz 298 a; Stahlhacke/Preis, aaO, Rz 65). Aus dem Wortlaut „zu meinem Bedauern kündige ich Ihnen hiermit das bestehende Arbeitsverhältnis per 31. Januar 1990“ kann das noch nicht zwingend entnommen werden. Nach § 6 des Arbeitsvertrages betrug allerdings während der Probezeit die Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende. Diese Frist hat der Beklagte ersichtlich nicht wahren wollen, was für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB spricht. Diesen Willen hat er zusätzlich im Anfechtungsschreiben vom 30. Januar 1990 verdeutlicht, in dem ausgeführt wird, die am 23. Januar 1990 ausgesprochene „fristlose Kündigung zum 31. Januar 1990“ bleibe hilfsweise bestehen. Auch die Klägerin hat das Kündigungsschreiben vom 23. Januar 1990 i. S. einer außerordentlichen Kündigung verstanden. In der Klageschrift wird nämlich ausgeführt, die Kündigung sei wegen Nichteinhaltung der Frist in eine fristgemäße Kündigung zum 28. Februar 1990 umzudeuten. Unter diesen Umständen kann die Kündigung vom 23. Januar 1990 als eine solche aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) mit Auslauffrist verstanden werden, § 133 BGB (Senatsurteil vom 16. November 1979 – 2 AZR 1052/77 – AP Nr. 1 zu § 154 BGB, zu III 1 der Gründe).

b) Bei der Prüfung, ob eine außerordentliche Kündigung durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt ist, geht es um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, der nur einer eingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht dahin unterliegt, ob der Tatsachenrichter den Begriff des wichtigen Grundes als solchen richtig erkannt hat und ob bei der Interessenabwägung alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles dahin überprüft worden sind, ob es dem Kündigenden unzumutbar geworden ist, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Die Bewertung der für und gegen die Unzumutbarkeit sprechenden Umstände liegt weitgehend im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz (ständige Rechtsprechung, vgl. BAGE 9, 263, 265 f. = AP Nr. 42 zu § 626 BGB, zu III 2 der Gründe). Da eine solche Beurteilung der Tatsacheninstanz nicht vorliegt, kann der Senat als Revisionsgericht in der Sache selbst nicht entscheiden. Er kann und will der abschließenden Würdigung des Tatsachenrichters nicht vorgreifen.

Das Berufungsgericht wird allerdings bereits bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Grund „an sich“ vorliegt (Senatsurteil vom 17. Mai 1984 – 2 AZR 3/83 – AP Nr. 14 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung), die Wertungen des Transsexuellengesetzes zu berücksichtigen haben, wie sie unter II 2 wiedergegeben worden sind. Im zweiten Prüfungsabschnitt, ob der ggf. anzunehmende Grund dem Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls sowie unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 28. Februar 1990 unzumutbar machte, wird auch zu erörtern sein, ob der Beklagte, wenn er die Information über die Transsexualität der Klägerin für sich behielt, diese eventuell ohne unmittelbaren Patientenkontakt bei Behandlungen im Intimbereich bis zu dem genannten Zeitpunkt hätte einsetzen können. Dem vom Beklagten besonders herausgestellten Bedürfnis an Schutz der Intimsphäre seiner ausländischen Patienten hätte möglicherweise in einer solchen Form wenigstens vorübergehend Rechnung getragen werden können.

III. Der Beklagte hat erstmals in der Revisionsinstanz einen eigenen Sachantrag gestellt, nämlich festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 31. Januar 1990 hinaus nicht fortbestehe. Insofern habe er ein eigenes Feststellungsinteresse, ob das Individualrecht der Klägerin über den elementaren Rechten der betroffenen Patienten stehe; er, der Beklagte, gehöre landsmännisch zu dem durch das erstinstanzliche Urteil verletzten Personenkreis.

1. Das Landesarbeitsgericht hatte ein ähnliches Begehren in der Berufungsinstanz als uneigentlichen Sachantrag, nämlich als ausdrücklichen Klageabweisungsantrag entsprechend einschränkend ausgelegt (Entscheidungsgründe S. 6, unter 2.1). Nachdem der Beklagte einen ähnlichen Antrag für die Revisionsinstanz im Schriftsatz vom 22. November 1990 ankündigte, ist er mit gerichtlicher Verfügung vom 19. Dezember 1990 auf Zulässigkeitsbedenken hingewiesen worden (§ 139 ZPO), hat aber den eigenen Feststellungsantrag – wie vorstehend – präzisiert.

2. Der Senat wertet dieses Begehren als Anschlussrevision nach § 556 ZPO. Diese ist unzulässig, weil sie erst am 23. November 1990, also nicht binnen einem Monat nach der Zustellung der gegnerischen Revisionsbegründung am 18. September 1990 beim Bundesarbeitsgericht eingegangen ist, § 556 Abs. 1 ZPO.

Sie wäre aber auch unbegründet, denn der Beklagte ist mit einem eigenen Sachantrag in der Berufungsinstanz nicht deutlich hervorgetreten und folglich auch nicht abgewiesen worden. Er ist also durch das zweitinstanzliche Urteil nicht beschwert (vgl. BGH Beschluss vom 16. März 1983 – IV b ZB 807/80 – FamRZ 1983, 683 f., m. w. N.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 48. Aufl., § 556 Anm. 2 A). Er hat kein Ergänzungsurteil beantragt, weil etwa ein eigener selbständiger Antrag in der Berufungsinstanz zu Unrecht vom Landesarbeitsgericht übergangen sei, § 321 ZPO. Wegen der Bindungswirkung des § 561 ZPO kommt auch eine Klageerweiterung – durch Widerklage – in der Revisionsinstanz nicht in Betracht (BGHZ 24, 285; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, § 561 Anm. 2 C). Die selbständige, erstmalige Klageerhebung in der Revisionsinstanz wäre unstatthaft.

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